Der gebeugte leere Stuhl in Obermenzing

161109-leerer-stuhl-120„Gebeugter leerer Stuhl“ der Bildhauerinnen Marlies Poss und Blanka Wilchfort. Gestiftet vom Verein der Freunde Schloss Blutenburg e.V. (www.blutenburgverein.de)
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Die Opfer der Shoah in Obermenzing

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Zum Kunstwerk: Mit dem Gebeugten Leeren Stuhl von Marlies Poss und Blanka Wilchfort soll an der Pfarrkirche Leiden Christi ein Symbol der Erinnerung auch in Obermenzing gesetzt werden. Die Beugung des Stuhls, die Schieflage der einstigen – nunmehr leeren – Sitzfläche und die fehlende Rückenlehne symbolisieren, dass die in Obermenzing beheimateten jüdischen Bürger und Bürgerinnen nach ihrer Vertreibung, beziehungsweise Ermordung durch die Nationalsozialisten ihre „Wohn-Sitze“ verloren und im Stadtteil Obermenzing „Leer-Stellen“ hinterlassen haben. Seine Aussagekraft wird durch eine im Sockel eingelassene Tafel verstärkt. Der Gebeugte Leere Stuhl der beiden Bildhauerinnen soll auch ein Symbol und ein Zeichen des Anstoßes und ein Denkzeichen sein.  Ein weiterer „Leerer Stuhl“ in Pasing am Rathaus wurde 2015 vom Kulturforum München-West e.V. ermöglicht.

Die Idee zu der Skulptur „Leerer Stuhl“ entstand 2013 nach einer Führung der Geschichtswerkstatt zu ehemaligen Wohnungen jüdischer Einwohner von Pasing und Obermenzing.  Blanka Wilchfort und Marlies Poss arbeiteten gerade an Beiträgen zur Kunstmeile „Verweile doch …“ im Rahmen  des 1200-jährigen Jubiläums von Pasing. Foto dieses Leeren Stuhls am Irmonherplatz.

Die eben erwähnte Geschichtswerkstatt „Jüdisches Leben im Münchner Westen“ hat von 2005 bis 2008 nach Dokumenten und Berichten über jüdisches Leben in Pasing, Obermenzing und Aubing geforscht und die Ergebnisse in einer Ausstellung in der Pasinger Fabrik und einem Begleitbuch dokumentiert. Durch diese Vorarbeit ist es heute möglich, einzelne Schicksale und Lebenswege dem Vergessen zu entreißen und das Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus mit diesen Menschen in Verbindung zu bringen.

Opfer der Shoah aus Obermenzing.

Quelle: Ins Licht gerückt. Jüdische Lebenswege im Münchner Westen. Utz-Verlag München 2008.

Dr. Paul Bornstein, geb. am 2.4.1868 in Berlin. Lebte in Obermenzing, Adolf-Hitler-Straße 103 (heute: Verdistraße), gest. am 30.7.1939 in München

Berthold Hirsch geb. am 15.4.1890 in Wien. Lebte 1928 – 1940/41 in Obermenzing, Apianstraße 8 (heute: Petergörglstraße 8), Deportation am 21.11.1941 nach Kaunas, am 25.11. dort ermordet

Gustav Hirsch geb. am 5.11.1883 in Pohrlitz Kreis Brünn/Mähren. Lebte 1939 – 1940 in Obermenzing, Apianstraße 8. Deportation am 21.11.1941 nach Kaunas, am 25.11.1941 dort ermordet

Sidonie Hirsch geb. Steinhauer, geb. am 1.12.1885 in Wien-Ottakring. Lebte 1939 – 1940 in Obermenzing, Apianstraße 8 Deportation am 21. 11.1941 nach Kaunas, am 25.11.1941 dort ermordet

Berthold Kahn geb. am 12.11.1886 in Memmelsdorf Kreis Ebern. Lebte 1939 in Obermenzing, Apfelallee 2/I. Deportation am 21.11.1941 nach Kaunas, am 25.11.1941 dort ermordet

Carry Kahn geb. Oppenheimer, geb. am 4.8.1885 in Ernsbach Kreis Öhringen. Lebte 1939 – 1941 in Obermenzing, Apfelallee 2. Deportation am 21.11.1941 nach Kaunas, am 25.11.1941 dort ermordet

Manfred Kahn, geb. am 19.6.1926 in Memmelsdorf. Lebte 1939 in Obermenzing, Apfelallee 2/I. Deportation am 21.11.1941 nach Kaunas, am 25.11.1941 dort ermordet

Mina Kahn geb. Lemberger, geb. am 8.2.1894 in Rexingen Kreis Horb. Lebte 1939 in Obermenzing, Apfelallee 2/I. Deportation am 21.11.1941 nach Kaunas, am 25.11.1941 dort ermordet

Trina Kuttner geb. Kahn, geb. am 14.12.1860 in Gleicherwiesen Kreis Hildburghausen. Lebte 1939 – 1941 in Obermenzing, Apfelallee 2/I. Deportation am 25.6.1941 nach Theresienstadt, am 6.3.1943 dort umgekommen

Julius Wassermann, geb. am 30.12.1926 in Mühlhausen Kreis Höchstadt/Aisch. Lebte 1939 – 1940 in Obermenzing, Apfelallee 2/I. Deportation am 4.4.1942 nach Piaski, am 10.4.1942 dort ermordet

 

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Die Pfarrkirche Leiden Christi, Passionistenstr. 12 · 81247 München. Foto: Angela Scheibe-Jaeger.

Pfarrer Stahlschmidt war die Errichtung der Gedenkskulptur an der Pfarrkirche Leiden Christi ein besonderes Anliegen. Der Verein der Freunde Schloss Blutenburg e.V./ BBV hat anlässlich des 1200jährigen Jubiläums von Obermenzing nicht nur die finanzielle Grundlage für die Errichtung des Werkes geschaffen, sondern es auch über das gesamte Jubiläumsjahr 2017 als einen Ort für seine Autorenlesungen gewählt. (www.blutenburgverein.de)